Obst ist schmackhaft und lässt sich zum Beispiel mittels dörren haltbar machen - das wussten die Menschen schon in früheren Zeiten. Sie sammelten Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen und Walnüsse und bereicherten damit ihre Ernährung. Die Römer brachten dann vor rund 2000 Jahren Kulturformen des Obstes in unsere Breitengrade. Die ersten Obstgärten am Rande der römischen Villen entstanden.
Später waren es insbesondere die Klöster, die das Wissen rund um den Obstanbau bewahrten. Ab dem 16. Jahrhundert wurden dann Hochstamm-Obstbäume in größerem Maßstab gepflanzt, erste Streuobstwiesen entstanden. Meist erfolgte dies als eine Art Gürtel rund um die Dörfer und Städte. Die weiteste Verbreitung hatten die Streuobstwiesen übrigens in den Jahren 1930 bis etwa 1955. Viele Wiesen mussten in den Jahrzehnten nach den 1950er Jahren allerdings weichen: Neubaugebiete wurden ausgewiesen, Straßen ausgebaut und Gewerbegebiete entstanden. Die Obstbauern mit ihren Wirtschaftsbetrieben pflanzten niedrigstämmige Bäume, da diese besser zu bewirtschaften sind.
Projektgruppe der Integrierten Umweltberatung
Heute ist der Blick wieder offen für Streuobstwiesen. Sie sind als wichtige Kulturlandschaften anerkannt, zeichnen sich durch eine hohe Artenvielfalt aus und die Wege entlang der Wiesen sind beliebte Naherholungsgebiete für die Menschen der Region. Im Kreis Mayen-Koblenz setzt sich eine Projektgruppe der Integrierten Umweltberatung aktiv für den Erhalt der Streuobstwiesen ein. „Unser Schwerpunkt liegt auf dem Bereich Veranstaltungen und Umweltbildung“, erklärt Dr. Rüdiger Kape. Schnittkurse, Sortenwanderungen, Exkursionen, Unterrichtseinheiten in Kindertagesstätten und Grundschulen, Informationsmaterial rund um das Thema Streuobstwiesen - das Angebot ist umfangreich. Bereits seit etwa 20 Jahren werden Schnittkurse im Sommer und zeitigen Frühjahr angeboten. „Die Kurse sind sehr beliebt. Viele Teilnehmer sind schon Stammkunden und die Stimmung ist immer gut“, freut er sich über den guten Zulauf der Kurse und auch darüber, dass die Kurse inzwischen auch bei jüngeren Menschen gut ankommen.
Besonders für Apfel- und Birnenbäume ist der Schnitt wichtig, denn nur dann wachsen sie zu einem stabilen Baum heran, der über viele Jahrzehnte Bestand hat. „Erst wenn ein Baum richtig alt ist, ist seine ökologische Wertigkeit richtig hoch“, sagt Kape. Den hohen Nutzen für unsere Natur haben heute viele Menschen erkannt. Immer mehr Initiativen und Naturschutzverbände kümmern sich um brach liegende Streuobstwiesen oder legen neue an wie beispielsweise in Kottenheim, Kehrig oder Weitersburg.
Streuobstwiesen als Ausgleichsflächen
Jüngere Streuobstwiesen entstanden oft als Ausgleichsfläche für ein Gewerbe- oder Neubaubaugebiet. Doch wenn die Pflege auf Dauer nicht gewährleistet ist, verkümmern die Bäume und sterben ab. Dr. Rüdiger Kape freut sich über den Trend, dass sich immer mehr Menschen für Streuobstwiesen interessieren. Er habe selbst schon einige Kurse besucht und lerne immer wieder etwas Neues. Die Pflege einer Wiese habe auch etwas sehr Soziales, meint Kape. Man bewege sich zusammen in einer Gruppe draußen in der Natur und könne sich bei dieser Arbeit sehr gut entspannen. Die ganze Konzentration liege darauf, im Baum zu schauen, wo man schneiden müsse. Alle anderen Gedanken sind in dieser Zeit weit weg. Und wenn im Herbst nach der Ernte die Äpfel der Streuobstwiese im Keller lagern oder zu Saft verarbeitet werden, ist der Genuss doppelt groß, wenn man selbst geholfen hat.
Um in größerem Maßstab Apfelsaft pressen zu lassen, zum Beispiel für eine Dorfgemeinschaft, braucht es schon eine gewisse Menge an Äpfeln. Doch auch für Privatleute mit nur wenigen Bäumen gibt es Lösungen wie mobile Apfelpressen oder kleine Keltereien, die auch geringe Mengen für die Anlieferer verarbeiten.
Wer sich für Veranstaltungen rund um die Streuobstwiesen interessiert, kann sich bei der Integrierten Umweltberatung für den Newsletter registrieren lassen. Dann erhalten Interessierte alle Informationen zu Kursen, Wanderungen und weiteren Veranstaltungen. Die nächsten Schnittkurse werden allerdings erst im nächsten Jahr, voraussichtlich im März, angeboten.
Kommende Veranstaltung
Am Samstag, 30. September um 14 Uhr bietet die Umweltpädagogin Sabine Gehrlein für die Integrierte Umweltberatung im Landkreis Mayen-Koblenz einen ca. 1,5 stündigen kostenlosen Familienspaziergang in den Weitersburger Streuobstwiesen an. Informationen unter gibt es auf der Seite der Kreisverwaltung.